Tagebücher

Von 1960 an hat Reinhardt mehr oder weniger regelmäßig Tagebuch geführt – zunächst handschriftlich auf Ringbuchblättern, später dann am Computer. Die Tagebücher wurden transkribiert, redigiert sowie mit zusammenfassenden Einleitungen und, wo es sinnvoll erschien, mit erläuternden Zwischenkommentaren versehen. Der Ursprung für seine Kunst ist hier zu entdecken: Die schriftlichen Einträge, oft von den Notierungen des I Gings begleitet, wechseln sich mit Zeichnungen als bildliche Kommentare des Erlebten und Empfundenen ab. Eine Veröffentlichung der Tagebücher in gedruckter Form ist in Vorbereitung.

1993 - 1996

Walter Reinhardt Tagebücher 1993-1996 Das am Computer geführte Tagebuch enthält hauptsächlich Gedanken zum Leben und Reinhardts Rolle in der Welt, philosophische und lyrische Texte, weniger Begebenheiten oder Alltägliches. Sie sind nicht tagesdatiert. Konkret erwähnt jedoch Reisen nach München, nach Dresden, Naumburg, Chemnitz und Bad Frankenhausen einschließlich der Besichtigungen von Kunstwerken und Kulturdenkmälern, auch einige Idee für die Gestaltung von Menüs. Aus vielen Zeilen spricht große Wut, aus anderen wieder die Sicht auf die Dinge aus übergeordneter Warte, das Bedürfnis nach Einordnung, Wertung, Selbstverortung – und Abgrenzung gegenüber Verwaltungsbeamten, den Wächtern des Rechts, den Asketen – allen, die das Andersartige verurteilen und zu Mäßigung und Anpassung anhalten. 1996 zieht er ein Resümee, das sich…

28.09.1995 - Sommer 1997

Walter Reinhardt Tagebücher 1995-1997 In den Jahren 1995 bis 2001 schreibt Reinhardt sein Tagebuch ausschließlich am Computer. 1996 führt er wieder das bereits praktizierte Grundschema mit Eintrag von Datum, Wetter, Essen, Zucker- und Gewichtsmesswerten sowie Gymnastik ein, an das er allerdings nur sporadisch hält. Lange Passagen widmen sich dem Entwurf von Menüs und Geschmackserlebnissen, aber auch seiner Lektüre von Literaten und zeitgenössischen Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlern. 1997 zieht er ein Resümee, das sich auch auf seine künstlerische Arbeit bezieht: „Ich bin froh, daß ich schon so viel hinter mir gelassen habe, jetzt kann ich mich auf das Eigentliche konzentrieren. Auf dieses Dasein, nicht den Grund zu finden, sondern die Vielfalt zu erkennen. Nicht vervielfältigen, sondern abtauchen in die Dimension, in…

03.08.1997 - 12.11.2001

Walter Reinhardt Tagebücher 1997-2001 Im August 1997 geht Reinhardt in Rente. Er ist nun noch mehr in Sachen Kunst unterwegs, bereist Städte in Deutschland, besucht überall, besonders häufig in Hannover, Ausstellungen und Eröffnungen – besonders häufig das Sprengel-Museum – und findet allmählich zu seinem Stil. Er hilft Birgit gelegentlich und genießt es, sich seinen Interessen widmen zu können. Es mehren sich die Kontakte zu Freunden und Gleichgesinnten. Reinhardt fasst offensichtlich Fuß in Hannover und findet Kontakt zu Kunstkritikern, Galeristen, Kunstfreunden und Künstlern. Auch die Kontakte zu den alten Freunden werden gepflegt. Die Reinhardts laden ein und werden eingeladen, meist wird dabei wird gut gegessen und getrunken. Kummer um sein Gewicht, die mangelnde Disziplin und Depressionen quälen Reinhardt jedoch…

März 2002 - 05.08.2003

Walter Reinhardt Tagebücher 2002-2003 Die Tagebücher in den Jahren 2002 bis 2007 sind ausschließlich handschriftlich überliefert. Die enthaltenen Zeichnungen sind fast durchweg koloriert. Es handelt fast ausschließlich von den Reisen, die Reinhardt und seine Frau 2002 und 2003 unternommen haben. Anfang Mai 2002 unternehmen die beiden einen Kurztrip nach Grömitz, von dort machen sie Ausflüge in die Umgebung. Am 26. Mai geht es nach Belgien. Vom Hotel Pacific in Weelde, gelegen zwischen Eindhoven und Antwerpen, aus unternimmt das Paar unter anderem Ausflüge nach Antwerpen, Bergen op de Zoom, Gent und Anvers. Kurz darauf brechen die beiden auf nach Holland und besuchen unter anderem in Amsterdam, Gouda, Leiden, Delft und Den Haag. Der Bericht bricht am 15. Juni ab, die nächste Eintragung erfolgt erst wieder am 11. Dezember. Am…

09.03.2004 - 29.11.2007

Walter Reinhardt Tagebücher 2004-2007 Das gesamte Tagebuch durchziehen neben I Gings Skizzen von Pötzen und Potz-Entwürfen. Den Pötzen und ihrer Weiterentwicklung gilt Reinhardts Hauptaugenmerk. Fast immer werden sie mit einem Spruch oder einer Bezeichnung versehen. Reinhardt berichtet stichwortartig von gesehenen Kunstwerken in München, Hannover, Frankfurt oder Hamburg – jedoch rufen Zeitgenossen wie Martha Rosler, Gottfried Helnwein oder Jonathan Meese eher seine Kritik als seine Bewunderung hervor. Im Juli 2006 unternimmt er eine Reise nach Paris, Moskau und St. Petersburg. 2006 spürt er, dass für ihn nach dem „Zeitalter der Entdeckung“ nun die Zeit des Verarbeitens angebrochen ist. Er sieht immer mehr seiner Weggenossen sterben. Die Eintragungen in den Jahren 2007 beziehen sich hauptsächlich auf Reiseanmerkungen und…

2007 - 2011

Walter Reinhardt Tagebücher 2007-2011 Die Computeraufzeichnungen aus den Jahren 2001–2007 werden durch einen Crash vernichtet, erst ab dem 30. August 2007 sind erst wieder Eintragungen erhalten – vielleicht ein Glück für ihn, wie Reinhardt meint. Im Jahr 2007 wird der Wintergarten als Atelier ausgebaut, in dem er studiert und arbeitet. Im April 2008 glaubt er zu erkennen: „Das einzige, wo ich noch was werden kann, ist die Malerei.“ Er malt und arbeitet also weiter künstlerisch, besucht Ausstellungen und Museen, das Musikmachen ist nur am Rande ein Thema. Er reist im April 2008 nach Wien, im Oktober nach Paris. Im September 2009 berichtet Reinhardt nach einer längeren Zeit ohne Einträge davon, dass er mit Birgit ihre Mutter, die mittlerweile unter Demenz leidet, nach Hamburg in ein Heim gebracht hat. Sie tyrannisiert die…

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